Kräuterweihe

Das Fest Mariä Himmelfahrt am 15. August, oftmals auch als "Frauentag" bezeichnet ist der Auftakt zur wichtigsten Kräutersammelzeit des Jahres. Heilpflanzen, die während dieser Zeitspanne gesammelt werden, übertreffen alle anderen Kräuter an Kraft. Die geweihten Kräuter sollen gegen alle möglichen Verzauberungen und Krankheiten, aber auch für Eheglück, Kindersegen und vieles mehr helfen. Es müssen immer sieben Kräuter sein, aber man kennt auch die 9er, 12er, 15 er und 19er Buschen. Der 9er Buschen besteht z. B. aus Johanniskraut, Schafgarbe, Baldrian, Arnika­, Königskerze (immer in die Mitte binden), Kamille, Wermut, Pfefferminze und Tausendgüldenkraut. Die Kräuter werden zu einem dicken Busch gebunden, in der Kirche geweiht und mit nach unten hängenden Blüten zum Trocknen aufgehängt (in den alten Bauernstuben wird der Kräuterbusch in den Herrgottswinkel gehängt). Ist der Kräuterbusch schön trocken, zupft man einige Kräuter ab, zerreibt sie und vermischt sie evtl. mit Weihrauch und räuchert alles zusammen.  

Ein ausführlicher Text von Prof. U. Kammerhofer-Aggermann vom Salzburger Landesinstitut für Volkskunde:

Die „Kräuterweihe“ zu Mariä Himmelfahrt

„Mariä Himmelfahrt“, von der katholischen Kirche als „Hochfest der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel“ bezeichnet, ist eines der ältesten Marienfeste und eines der religiösen Hauptfeste des Jahres. Der „Hohe Frautag“ oder „Große Frauentag“ (15.8.) wird seit 1500 Jahren gefeiert, er war ab 582 weit verbreitet. Auch der Gelehrte hl. Beda und die Synode von Salzburg-Freysing, 799, erwähnen das Fest.

Das Marianische Jahr

Im Laufe der Kirchengeschichte wurden Glaubensgrundsätze (dogmatische Aussagen) über die „Mutter des Erlösers“ und „neue Eva“ auch zu Festen erhoben. So entstanden vom 7. ins 12. und vom 16. bis zum 18. Jahrhundert Gedenktage an Maria.

Sie ist ohne Erbsünde empfangen (8. 12., M. Empfängnis, 10. Jh.) und ohne Makel, „Gottesgebärerin“ (431 als erste Bezeichnung) und „jungfräuliche Mutter des Erlösers“ (25. 3., M. Verkündigung, 6./7.Jh.), sie wurde mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen (15. 8.).

Maria hat Gott ein menschliches Gesicht gegeben, ihn für die Menschen erfahrbar gemacht. Sie ist Vorbild im Glauben und Fürsprecherin der Frauen.

Der Frauendreißiger

Die Zeit vom „großen Frauentag“ (Mariä Himmelfahrt, 15.8.) bis zum „kleinen Frauentag“ (Mariä Geburt 8.9., seit 6. Jh.) heißt „Frauendreißiger“, denn die Oktav, die acht Tage nach dem Fest, werden dazugezählt. Dieser zweite Marienmonat, neben dem Mai, endete regional auch mit den „Sieben Schmerzen Mariä“ (15.9., seit 1814) bzw. mit „Mariä Namen“ (12.9.) oder beginnt fallweise mit Portiunkula (2.8., Ort der Marienkirche des Hl. Franziskus).

Der „Frauendreißiger“ ist eine ländliche Festzeit der Fülle und Ernte sowie der Almfeste.

Weitere Marienfeiertage im „Frauendreißiger“ sind „Maria Himmelskönigin“ (22.8., seit 1854/1954), „Mutter des guten Hirten“ (3.9.), „Mutter des Trostes“ (4.9.), und als Ausklang „Maria Barmherzigkeit“ (24.9., seit 17.Jh.).

Die Zeit gilt als besonders heilkräftig und wirksam, daher werden auch gerne Hochzeiten gefeiert.

Darstellungen der Gottesmutter

Maria wird im Weiß der Unschuld und Blau des Himmels sowie im Rot der barmherzigen Liebe dargestellt. Die „Aufnahme in den Himmel“ zeigt oft die aufschwebende junge Maria, die von Engeln begleitet und von Gottvater und Christus in den Wolken erwartet wird. Ältere Darstellungen zeigen darunter das Sterbelager umgeben von Aposteln oder das Haus der Maria.

Die Segnung der Kräuter zu Mariä Himmelfahrt

Die volkstümlich so genannte „Kräuterweihe“ (eigentlich ist es eine Segnung der Kräuter) ist in deutschsprachigen Ländern seit dem 10. Jahrhundert urkundlich belegt. Die Kräuter sind bis heute ein Symbol weiblicher Fürsorge für die Familie. Rund um Mariä Himmelfahrt stehen viele heilkräftige Kräuter in der Hochblüte. Sie sollen gegen alle möglichen Verzauberungen und Krankheiten helfen und Eheglück und Kindersegen herbeiführen.

Die Vermittlung der Kräuterkunde verdanken wir den Klöstern im Mittelalter. Die Erziehung der Frauen zu Hauswirtschaft, Hausmedizin und Sittlichkeit war ein erster emanzipatorischer Schritt. Neben dem „Frauenbuschen“ bitten Litaneien und Marienlieder: „Bitt’ Gott für uns Maria!“

Der Kräuterbuschen wird im Ganzen getrocknet und als göttliche Hilfe (Sakramentale) im Haus, oft im Herrgottswinkel, aufbewahrt. Viele Menschen werfen bei Unwettern einige Blätter ins Herdfeuer oder zerreiben sie zwischen den Fingern. Kranken Menschen kann man davon kleine Anteile in einen Kräutertee geben. Auch dem leidenden Vieh wird davon etwas unter das Futter gemischt. Mit Weihrauch, Palmkätzchen von der Palmweihe und Birkenblättern von der Fronleichnamsprozession vermischt wird er zum Räuchern verwendet.

Segensbräuche gelten heute als eine traditionell vertraute Form der Trostsuche und des Vertrauens in beängstigenden Situationen, es wäre zu einfach sie als „Aberglaube“ abzutun.

Zu „unser frawen Hymmelfart / da tregt alle welt [...]

büschel allerley kreuter / in die kirchen zu weihen / für alle sucht unnd plag“

schreibt 1534 Sebastian Franck in seinem „Weltbuch“.

In den „Wurzbuschen“ werden Gewürz- und Heilpflanzen gebunden, die im August auf Wiesen, im Wald wie im Hausgarten blühen und für Küche und Hausmedizin getrocknet werden. Häufig sind es Arnika, Baldrian, Benediktenkraut, Dost (Majoran), Estragon, Frauenmantel, Johanniskraut, Kamille, Königskerze, Mariendistel, Melisse, Pfefferminze, Preiselbeer- und Heidelbeerkraut, Ringelblume, Salbei, Schafgarbe, Spitzwegerich, Taubnessel, Tausendguldenkraut, Thymian, Wermut und Getreide. Der dicht und rund gebundene Neuner-Buschen besteht in Salzburg z. B. aus Johanniskraut, Schafgarbe, Baldrian, Arnika, Königskerze (immer in die Mitte binden), Kamille, Wermut, Pfefferminze und Tausendgüldenkraut. Gerne wird eine als „magisch“ geltende Zahl, meist sieben, neun oder dreimal neun Kräuter verwendet.

Im Mittelalter waren viele Blumen Symbole für die Eigenschaften Mariens, sie selbst wurde als duftende Blume und Garten der Tugenden gerühmt und gemalt.

 

(Ursprünglich 2010 veröffentlicht von: IMPRESSUM: MHV: ÖVP Salzburg, Merianstraße 13, 5020 Salzburg. Fotos und Auswahl: ÖVP Salzburg. Mit besonderem Dank an Frau Prof. Ulrike Kammerhofer-Aggermann für die inhaltliche Beratung.)

 

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