Glöckler - Glöcklerlauf

Ein ausübender „Glöckler“ recherchiert im Land Salzburg

„Mia kemmand all samt von drauß’n her, durch Straß’n, Gass’n, kreuz und quer,
hier woll’n wia unsern Achta springen und a die Reverenz darbringen,
mit unserer weißen Glöcklerschar, Glück und Segen für’s neiche Jahr!“

Alljährlich wird mit diesem Spruch der Glöcklerlauf der „Brauchtumsgruppe Jung Alpenland“ in der Stadt Salzburg eingeleitet. Bei allen elf Stationen (2002) am Abend des 5. Jänner, also zu Beginn der letzten, der „foasten Rauhnacht“ (dem Vorabend zum letzten großen Feiertag im Weihnachtsfestkreis), wird den Hausleuten damit die Aufwartung erbracht. „Der in dieser Form ungemein eindrucksvolle und schöne Brauch, dass Gruppen von Burschen weißgekleidet, mit umgehängten Schellen und einem gewaltigen, von innen erleuchteten Kopfaufsatz im Dunkel des Dreikönigsvorabends im Gänsemarsch laufend Figuren in die Nacht zeichnen, zieht die Beobachter unweigerlich in ihren Bann.“ Diese einleitenden Worte zum Ebenseer Glöcklerlauf (ÖZV 1979) können ohne Abstriche auch auf die Orte im Bundesland Salzburg (Strobl, Abersee, St. Gilgen, Stadt Salzburg) umgelegt werden, wo dieser Brauch ebenfalls seit vielen Jahrzehnten besteht. Als Zentrum des Glöcklerlaufes gilt Ebensee am Traunsee, wohin die Glöckler im Zusammenhang mit dem Salzbergbau im 18. Jh. gekommen sein sollen. Von dort haben sie weithin ausgestrahlt.

1955 wurde in den Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde von Richard Wolfram ein Artikel mit dem Titel „Das Anklöckeln im Salzburgischen“ veröffentlicht.

„Die Glöcklerkappe besteht aus einem Gestell aus dünnen Stäbchen. Im Überzug aus stärkerem Papier sind Zierate und Darstellungen ausgeschnitten und mit dünnem, farbigem Papier überklebt. Die Beleuchtung bildete früher eine in der Mitte angebrachte Kerze, heute werden meist schon Taschenlampenbatterien verwendet. Das Gesicht der Glöckler wird durch herbhängende Papierfransen als Maskenersatz verdeckt. Die Glöckler selbst sind weißgekleidet.  ...Ein Vorläufer ohne Glöcklerkappe, der sogenannte ‚Spion’, erscheint zuerst. [...] Gleichzeitig muss aber bemerkt werden, dass alle wesentlichen Läufe, die Privathäuser und Höfe besuchen, immer diese Vorläufer kennen, in vorindustrieller Zeit die Hofinsassen vorbereiten und versammeln mussten, damit sie bei Ankunft der Gruppe auch bereit waren. Kennzeichnend ist die rasche Bewegung, weshalb der Brauch auch ‚Glöcklerlaufen’ heißt.  Vor Häusern, die sie besonders ehren wollen, laufen sie verschiedene Figuren, die sie durch ihre Leuchtkappen gewissermaßen ins Dunkel hineinzeichnen. Zuerst grenzen sie durch einen Kreis den Raum ihres Tuns ab, dann folgen Achter, Spiralen usf. Als Dank dafür erhalten sie Gaben in Naturalien (Krapfen, Tee) und ihr Erscheinen bedeutet Glück im kommenden Jahr.

Nach Salzburg reicht das Glöcklerlaufen durch seinen Anteil am Aberseegebiet. [...] Sogar nach der Stadt Salzburg dringt diese Form vor. Im Jahre 1929 griff der Trachtenverein ‚Die Gaisberger’, einer der ältesten Österreichs, das Glöcklerlaufen auf und führte es bis 1938 mehrmals durch und seit 1949 fast alljährlich.

Zu Beginn der neueren Nachforschungen über diesen Brauch im Land Salzburg musste vom Verfasser dieser Zeilen festgestellt werden, dass es über den Glöcklerlauf keine zusammenhängende Aufzeichnung, rein auf Salzburg bezogen, gibt. Immer ausgehend von den Hauptorten Ebensee und Bad Ischl wurde über die (angeblichen) Ableger in Salzburg gesprochen und geschrieben. Richard Wolfram kann aber aufgrund hartnäckiger Nachforschungen widerlegt werden, denn zum Glöcklerlaufen in Salzburg muss die Brauchgeschichte neu geschrieben werden.

Im von Friedrich Leitich und Guido Müller verfassten und 1997 von der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde herausgegebenen Buch „Der Gaisberg – Salzburgs Hausberg im Zeitgeschehen von zwei Jahrhunderten“ wird auch kurz darauf eingegangen, dass fast alle Salzburger Touristen-, Geselligkeits- und Brauchtumsvereine mit dem Gaisberg in Verbindung zu bringen sind. Den beiden Autoren ist es dabei aber weniger um die Bräuche gegangen, weshalb gewisse Aspekte unbeachtet geblieben sind. Als die zwei ältesten Organisationen werden die beiden 1891 gegründeten Vereine „Alpinia“ und die „Gaisberger“ genannt. Dabei wird auch ein Vereinsbuch der „Gaisberger“ erwähnt, das vor nicht allzu langer Zeit auf nicht nachvollziehbaren Umwegen beim Gauverband der Heimatvereinigungen Salzburg-Stadt gelandet ist. Das sehr korrekt geführte und aus zwei Teilen bestehende Protokollbuch zeigt, dass es in der Stadt Salzburg mindestens bereits im Jahre 1927 einen Glöcklerlauf gegeben haben muss. Aus einem gleichfalls vorliegenden Inventarbuch, das bis 1894 zurückgeht, lassen gewisse Aufzeichnungen jedoch den Schluss zu, dass dieser Verein mit an ziemlicher Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon vor 1927 in der Stadt Salzburg den Glöcklerlauf durchgeführt hat. Die Rolle des 1. Österr. Gebirgstrachtenverbandes (1918) und seiner Zeitschrift (1912-1938) ist dazu noch zu wenig erforscht.

STADT SALZBURG

In Abersee wurde von Matthias Beinsteiner ausgesprochen, dass vermutlich um 1920 drei Strobler Burschen (einer davon namens Hintrauer) aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit in der Stadt Salzburg in Kontakt mit dem Verein der „Gaisberger“ gekommen sein dürften, was unter Umständen als einer der Gründe für eine „Verpflanzung“ des Glöcklerbrauches geltend gemacht werden kann.

Seit 1968 trägt die Brauchtumsgruppe Jung Alpenland alleine die Verantwortung für diesen Brauch im Bereich der Stadt Salzburg. 1972 wurde vom damaligen Obmann Michael Nußdorfer sen. der Vorschlag eingebracht, über die Perchtenaktivitäten des Vereines eine eigene Chronik zu führen. Einige Jahre später wurde diese Idee realisiert und Peter Steiner ist seitdem dafür verantwortlich. Die nachstehenden Ausführungen sind daher teils wörtlich daraus übernommen teils geringfügig abgeändert worden.

In diesem Stadtverein wurden und werden die Glöckler als eine besondere Perchtenform des Landes Salzburg betrachtet (Schönperchten), was, ebenso wie die naturkultische Bewertung auf die Kategorisierung von Kuno Brandauer in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts, sowie auf die Ritualvorstellungen Richard Wolframs zurückgeht und heute nur mehr mit kritischer Distanz gesehen werden kann. So halten sich diese Bewertungen: Durch ihr Licht sollen sie die Finsternis und Kälte des zu Ende gegangenen Jahres besiegen. Das rhythmische Stampfen, das Läuten der Schellen und Glocken soll die Dämonen vertreiben und die freundlichen, guten Geister für das neue Jahr wieder zum Leben erwecken, je mehr Perchten laufen, desto fruchtbarer wird das kommende Jahr.

Voraus läuft ein so genannter „Spion“, der die Perchten auf sicheren Wegen führen soll. Mit seinem Kuhhorn gibt er den etwa dreißig ihm nachfolgenden Glöcklern gewisse Signale, die vor allem während des Kreis- und Achterlaufens, der Schnecke und den Schlangenlinien besondere Bedeutung haben. Der „Schlussspion“ mit seiner Laterne und einem Stecken schützt den Zug der Glöckler nach hinten.

Wie bereits in der Einleitung ausgeführt, war es in der Zwischenkriegszeit der GTEV „D’Gaisberger“, der den Glöcklerbrauch in der Stadt Salzburg durchführte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieser Brauch wieder aufgenommen. Leider war es um diesen Verein und seinen Fortbestand bald schlecht bestellt und so war es bereits 1953 der Fall, dass laut der Vereinschronik von Jung Alpenland (gegründet 1947) aushilfsweise 17 Burschen aus dieser Gruppe und nur mehr 3 von den Gaisbergern den Glöcklerlauf aufrecht erhielten. Dies war auch in den folgenden Jahren – bis 1963 - so, obwohl das im Protokollbuch der Gaisberger verschwiegen wird. Ab diesem Jahr waren letztere nicht mehr im Stande, den Lauf zu organisieren. Sie wollten Jung Alpenland den Glöcklerlauf nur so lange überlassen, bis sie vielleicht selbst wieder in der Lage wären, ihn durchzuführen. Das war aber nicht im Sinne des jüngeren Vereines, weshalb es dann einige Jahre in der Stadt Salzburg diesen Brauch überhaupt nicht zu sehen gab. Die damals Verantwortlichen der Salzburger Heimatpflege versuchten, andere Stadtvereine dafür zu gewinnen. Gegen Jahresende 1965 gelang es Kuno Brandauer, Karl Merhaut und Tobias Reiser sen., die Gemeinschaft von Jung Alpenland zu überzeugen, den Glöcklerlauf zu übernehmen.

Das damalige Versprechen war gleichzeitig ein Auftrag diesen Perchtenbrauch so zu pflegen, dass jeder von der Glaubwürdigkeit in unserer Zeit überzeugt sei. So versuchten die Männer von Jung Alpenland diese neue und große Aufgabe zu verwirklichen. Treibende Kräfte dabei waren vor allem Karl Brandl, Werner Graf, Rudolf Herzog, Franz Hitzginger, Erwin Laubichler, Michael Nußdorfer sen., Gerhard Schaber, Sepp Wacht (+2001) und Erhard Weninger. In den Jahren 1966 und 1967 gestalteten die zuvor Genannten, die Glöcklerkappen in ihren symbolischen Formen, je nach Können jedes einzelnen. Es kamen Formen wie Pyramiden, Raute, Sonne, Mond und die verschiedensten Sterne, abwechselnd als lichte oder helle Kappe, dazu. Die Flächen der Kappen wurden mit (Lebens-)Symbolen, großteils in Farbe, gestaltet, eben aus der Tradition der Gruppe heraus.

Im Jänner 1968 war es dann soweit, dass die Mitglieder von Jung Alpenland den Glöcklerlauf in der Stadt Salzburg mit 15 Kappen wieder aufleben lassen konnten. Ohne Unterbrechung, aber mit immer größer werdender Zahl der Kappen (derzeit 29 an der Zahl), wurde der Brauch bis in die Gegenwart durchgeführt – und bei dem Interesse sowohl der Vereinsmitglieder als auch der Bewohner und Gäste der Stadt Salzburg dürfte das auch in der nächsten Zukunft so bleiben. Dass im Jahr 2001 am Residenzplatz in der Altstadt mehrere tausend Zuschauer die Glöckler bestaunten und sich gleichzeitig Glück und Segen für das kommende Jahr holten, spricht wohl eine eindeutige Sprache, obwohl man die unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten von Stadt und Land nicht vergleichen kann.

An dieser Stelle soll dem Stadtverein die Möglichkeit gegeben werden, alle Kappen und deren Träger vom Glöcklerlauf 2002 zu dokumentieren:

1.        Vorläuferspion                        Wolfram Weber
2.        Vorläuferstern                        Adolf Freudl – der Autor des Beitrages
3.        Kreuz                                      Florian Weber
4.        Drehstern                               Peter Nußdorfer
5.        2 0 0 2                                    Karl Riesinger
6.        K M B                                      Stephan Berger
7.        2 0 0 2                                    Alex Wieland
8.        Fisch                                       Matthäus Weber
9.        6er-Pyramide                          Rupert Weber
10.       Stern                                      Peter Steiner
11.       Achterraute                            Bernhard Herzog
12.       Pyramide                                Wolfgang Karlowitsch
13.       Sonne                                     Stefan Gollhofer
[Zwischen diesen beiden Kappen wird beim Achter durchgeschnitten.]
14.       Mond                                     Martin Steindl
15.       Sternkomet                            Wolfgang Urban
16.       (Mörder-)Stern                       Benedikt Helminger
17.       Pyramide                                Werner Schintlmeister
18.       (Beni-)Stern                           Matthias Kreuzberger
19.       Kreuz                                     Bernhard Aschauer
20.       Sonne                                    Sepp Radauer
21.       (Stocki-)Stern                         Hannes Plackner
22.       "Sturmhaube"                           Manfred Damoser
23.       Krone                                     Sebastian Helminger
24.       (Gustl-)Stern                          Peter Radauer
25.       Schlussstern                          Werner Weber
26.       Schlussspion                          Markus Helminger

Um die Aufgaben der "Klingler" kümmert sich unter Aufsicht von älteren Personen aus dem Verein meistens die Jugend. Der finanzielle Erlös geht zur Gänze in die Vereinskasse, weil alle Materialien und Aufwendungen aus dem Vereinsvermögen bezahlt werden.

Der Ablauf in der Stadt ist durch die Benützung öffentlicher Wege und Straßen gewissen Regeln unterworfen. So ist es unter anderem erforderlich, den Strecken- und Zeitplan alljährlich der Polizeidirektion zu melden. Unter den strengen Augen der Gesetzeshüter - die es sich aber durchaus als Ehre anrechnen, wenn sie uns vom Moment der Aufstellung an mit Blaulicht begleiten dürfen – beginnt beim Vereinsheim in Kleingmain (im ehemaligen Gasthof Zipflwirt) kurz vor 19 Uhr an jedem 5. Jänner der Glöcklerlauf. Da bei jeder der (heuer insgesamt elf) Stationen Kreis und Achter gelaufen werden, ist es erforderlich, im Zuge der Einladungen auch immer den jeweiligen Platz bzw. die ganze Strecke abzugehen und zu begutachten. Bauliche Veränderungen am Straßenrand, wenn sie nicht registriert werden, könnten während des Laufes zu unangenehmen Überraschungen führen (z. B. neue Ampelanlagen, Absperrungen durch große Blumenkisten usw.) Einem der Hauptverantwortlichen des Vereines und des Glöcklerlaufes, Adolf Freudl – seines Zeichens langjähriger Obmann-Stellvertreter – obliegt es schon seit längerer Zeit, sich darum zu kümmern. Es ist auch in der Stadt jedes Mal wieder erfreulich, wenn die bei den einzelnen Stationen Verantwortlichen kundtun, dass sie sich schon wieder auf den Besuch der Glöckler freuen. Vor allem einer der Honoratioren, der hier stellvertretend zitiert werden soll, legt großen Wert darauf, dass ihm die Glöckler mit ihrem Besuch Jahr für Jahr Glück und Segen bringen: „Wenn die Glöckler einmal nicht bei mir vorbeischauen, hat das Jahr gleich gar nicht gut für mich begonnen!“

Im Jahr 2002 hatten die Glöckler in der Stadt folgende Strecke zurückzulegen:

Vereinsheim – Kleingmainer Gasse – 1. Station = Schulhofbauer/Fam. Radauer – Morzger Straße stadteinwärts – 2. Station = Bäckerei Kandler – Fürstenallee – 3. Station = Altersheim Karl Höller-Straße – über den Krauthügel, in der Nonntaler Hauptstraße gegen die Einbahn und die Erzbischof Gebhard-Straße zur 4. Station = Referat Salzburger Volkskultur – Zugallistraße – 5. Station = Erhardplatz/Pfarrkirche Nonntal – Schanzlgasse – Kajetanerplatz – Kaigasse – Kapitelgasse – 6. Station = Kapitelplatz (Aufwartung beim Erzbischof) – Domplatz – Residenzplatz = 7. Station vor dem Heimatwerk – 8. Station = Alter Markt/Cafe Tomaselli – Churfürststraße – Sigmund Haffner-Gasse – Hofstallgasse – H.v.Karajan-Platz  = 9. Station/Hotel Goldener Hirsch –10. Station = Universitätsplatz – Ritzerbogen – Rathaus – Judengasse –11. Station = Waagplatz/vor dem Restaurant K+K – Mozartplatz – Pfeiffergasse – Kajetanerplatz – Schanzlgasse – Nonntaler Hauptstraße stadtauswärts bis zum  Vereinsheim (Ende gegen 21.30 Uhr).

Nach Beendigung des Laufes werden die Glöcklerkappen zuerst in einem separaten Raum des Vereinsheimes bis zum nächsten Jahr verstaut, bevor in gemütlicher Runde alle Mitwirkenden und Begleiter den Glöcklerabend ausklingen lassen.

ALLGEMEIN

Über den Glöcklerlauf gibt es die unterschiedlichsten Aufzeichungen und Interpretationen. Richard Wolfram hat über „Das Anglöckeln im Salzkammergut“ bereits 1955 in den Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde berichtet, des weiteren stammen „Bemerkungen zum Ebenseer Glöcklerlauf“ in der Österreichischen Zeitschrift für Volkskunde von ihm (1979). In der Festschrift für Franz C. Lipp hat 1978 Franz Grieshofer „Bemerkungen zum Alter des Glöcklerlaufens“ veröffentlicht. 1985 hat Michael Becker in den Berichten und Mitteilungen der Salzburger Heimatpflege seine „Betrachtungen zum Glöcklerlauf in St. Gilgen“ dargestellt. Vor allem über den Glöcklerlauf in Ebensee und den anderen Orten im oberösterreichischen Salzkammergut gibt es eine Vielzahl von schriftlichen Aufzeichnungen und Veröffentlichungen. Einige der ältesten Artikel über das Glöcklerlaufen sind gemeinsam im Heft 2 vom 15.1.1927 des 9. Jahrganges der „Österr. Gebirgs- und Volkstrachten-Zeitung“ erschienen (o.A.). Das war das seinerzeitige ‚Offizielle Organ des 1. Oesterr. Reichsverbandes für Alpine, Volks- und Gebirgstrachtenerhaltungsvereine’, das für viele Neugründungen verantwortlich ist. 

„Das  S a l z b u r g e r  V o l k s b l a t t  schreibt über die Aberseer-Glöckler in Salzburg. Ueber Anregung des Geb.-Tr.-Erh.-Vereines ‚Die Gaisberger’ hat der Landesverband der Salzburger Trachtenvereine beschlossen, dass heuer in der Stadt Salzburg am Vorabende des Dreikönigstages ein Glöcklerlaufen veranstaltet werde. Die Durchführung dieses Brauches hat der Verein ‚Die Gaisberger’ übernommen, der selbst unter seinen Mitgliedern sieben Aberseer zählt. Diese Sitte hat ihre Heimat in dem oberösterreichischen Salzkammergut, reicht aber seit vielen Jahren auch in den salzburgischen Anteil dieser Landschaft herein, wo in den Orten Strobl und St. Gilgen gelaufen wird. Die Aberseer-Glöckler haben eine gewisse Aehnlichkeit mit den Perchten. Sie erscheinen am Vorabend des hl. Dreikönigstages nach 6 Uhr abends und bewegen sich im taktmäßigen Laufschritt, meist im Achterlaufe, wobei sie aber auch andere Kreise und Figuren beschreiben, durch die Straßen des Ortes. Vor manchen Häusern führen sie ihre Tänze, den sogenannten ‚Achter’ auf. Sie tragen ein kurzes, weißes Hemd, darunter eine lange, weiße, um die Schuhe verschnürte Leinenhose, derbe Wollsocken über den Schuhen und einen Ledergürtel um die Mitte. Auf dem Rücken eines jeden hängt eine Almglocke und die Hände halten Bergstöcke, die sie bei ihren Sprüngen benützen. Das Merkwürdigste sind aber ihre Kopfbedeckungen. Sie tragen nämlich große, ganz eigenartige Gebilde aus durchscheinendem Papier auf dem Kopfe, so Häuser, Kirchen, Schiffe, Sonnen, Sterne usw., die durch eine innen befestigte Kerze beleuchtet werden.“

Dieser Artikel ist von großer Bedeutung, da er eine noch uninterpretierte Darstellung des Glöcklerlaufes zeigt. Von volkskundlicher Seite gibt es etliche, teilweise äußerst unterschiedliche Interpretationen dieses Brauches, in denen der jeweilige Zeitgeist und damit auch die Vorbewertung im Fach bzw. dessen Instrumentalisation bemerkbar sind. Sich mit diesen Fragen der volkskundlichen Zeit- und Methodengeschichte auseinander zu setzen soll den Fachleuten überlassen bleiben. Dem Autor ist bei der Beschäftigung mit dieser Recherche, ebenso wie beim Studium der vorliegenden Literatur bewusst geworden, dass Bräuche eben keine statischen Überlieferungen darstellen, sondern sich stets wandeln. Obwohl in den Brauchtumsgruppen das Bedürfnis nach der Erhaltung und Wahrung alter Traditionen vorhanden ist, zeigt sich, dass Bräuche stets durch Sichtweisen einer Zeit, durch Interpretationen und Auslegungen bestimmter prägender Persönlichkeiten der Heimatpflege wie eines jeweiligen Vereines mitbestimmt, neu interpretiert und verändert werden. Gerade das Bedürfnis, über die Literatur auf den „wahren“ Kern dieser Bräuche zu kommen, hat oft zu einer kritischen Betrachtung in den Gruppierungen geführt. Für die jeweiligen Brauchausübenden in den Vereinen heißt das aber, dass das jeweils „Wahre“ und „Richtige“ immer das ist, was die jeweilige Gruppe aus der Beschäftigung mit ihrer Tradition für sich in die Gegenwart übernimmt. Unumstößliche Tatsache ist aber, dass es aus der Zeit vor 1850-1870 so gut wie keine Nachweise gibt, dass dieser Brauch auch in Salzburg wirklich älteren Datums ist. Wie bei vielen anderen Bräuchen auch lassen sich aufgrund verschiedener Äußerungen und Niederschriften leider nur Vermutungen darüber anstellen, ob es die Glöckler vielleicht schon früher gegeben habe und wenn ja, ob man sie mit den gegenwärtigen Darstellungen vergleichen könne.

Die weiße Kleidung der Glöckler hat im Zusammenhang mit den Erhebungen zu diesem Artikel auch einige neue Definitionen laut werden lassen. Nachdem die im Bergbau tätigen Personen großteils auch immer weiße Arbeitskleidung getragen haben und der Brauch in Österreich mit ziemlicher Sicherheit seinen Ursprung in der Ebenseer und Bad Ischler Gegend hat, einem Kerngebiet des österreichischen Bergbaues, ist es demnach möglich, dass die helle Gewandung aus der Arbeitskleidung der Bergleute bzw. der Handwerke kommt und später mit dem Licht und den Lichterkappen gedanklich verknüpft worden ist. So tragen ja auch die Stelzperchten und Faschings- wie Perchtenläufer (zumindest einzelne Figuren darunter) quer durch Europa diese Anzüge, die im 17. Jh., der Blüte dieser Bräuche, ja alltägliche einfache Arbeitskleidung waren.

Auf besondere Vergleichsbeispiele soll auch hingewiesen werden. In der Schweiz, genauer im Kanton Schwyz, im Züricher Oberland, entlang des Zürichsees und weiter östlich, gibt es u.a. Gegenstücke zu den Glöcklern unserer Gegend, die “Silvesterkläuse“ oder die „Kläuse“ genannt. Diese Kläuse, die teilweise auch im Advent unterwegs sind, tragen ebenfalls von innen erleuchtete Kopfaufsätze, allerdings ähnlich einer Bischofsmütze. Auch im Elsaß, im Rheinland, in Molvac (HU) etc. gibt es ähnliche Läufe. Im Gegensatz zu unseren Glöcklerläufen ist dort aber der Ablauf doch ganz anders, nur die Kappen lassen eben gewisse Ähnlichkeiten zu. Die Frage nach einer Verwandtschaft mit dem adventlichen Anklöckeln und Adventankünden, das ja gleichzeitig auch gute Wünsche für das Weihnachtsfest und das neue Jahr enthielt, stellt sich dabei.

Zurück nach Salzburg und in das Aberseegebiet. Wenn man sich die Auflistungen der drei Salzburger Glöcklergruppen durchliest, kann man bereits erkennen, dass in der Entwicklung und beim Bau der einzelnen Kappen unterschiedliche Philosophien geherrscht haben müssen. Während man am Abersee generell sehr viele Darstellungen von Gebäuden, Fahrzeugen, Tieren und Figuren sieht, ist dies in der Stadt Salzburg zumindest gegenwärtig kein Thema. Die Glöcklerkappen bestehen eigentlich bei allen Passen aus einem Holzgerüst aus dünnen Stäben, vereinzelt auch aus dünnen Metallstäben, überzogen mit Pergamentpapier. Bei den hellen Kappen werden scherenschnittartige Figuren oder Symbole aus Buntpapier angebracht. Die dunklen Kappen erhalten einen Überzug aus schwarzem Tonpapier, bei dem die Motive herausgeschnitten und mit buntem Papier hinterlegt werden. Die Kanten der meisten Kappen werden mit weißen Papierfransen versehen. In der Stadt wiederum ist man strikt der Meinung, dass man das Gesicht des jeweiligen Glöcklers eigentlich nicht sehen darf, weil dies der Maskierung eines Perchten widerspricht, ein Dichtum das Brandauer erfunden hat. Daher fallen hier die Papierfransen ziemlich lang aus, um die Gesichter zu verdecken. Das Sichtfeld des einzelnen Glöcklers selbst ist dadurch aber nicht beeinträchtigt. Die Kappen werden von innen her mittels Kerzen beleuchtet. Aufgrund der teilweise etwas anderen Formengebung ist dies in der Stadt Salzburg allerdings nicht bei allen Kappen möglich, weshalb dort Taschenlampenbatterien das erforderliche Licht ergeben.

Am Schluß dieser Ausführungen steht wiederum ein Glöcklerspruch, mit dem der Vorläuferspion in Salzburg die Aufwartung bei jeder Station beendet und den Glöcklern selbst das Weiterlaufen ankündigt:

Drah di heller Zackenstern, für die Gönner und hohen Herrn, für die Freundschaft ring’s im Kroas, auf geht’s mit unserer Glöcklerroas!“

Zum Weiterlesen:

www.brauch.at 

www.jungalpenland.at

Reinhard Hörmandinger und Walter Rieder: Glöcklerlauf in Ebensee. „A Stegga, a weiß Gwand, a Kappm und Glock’n!“. Heimat- und Musealverein Ebensee (Hg.) Ebensee Verlag Denkmayr 2002.

Franz Grieshofer: Glöcklerlauf in Ebensee. In: Günther Kapfhammer (Hg.): Brauchtum in den Alpenländern. München Verlg Callwey 1977,  S. 111f.

Text: Adolf Freudl

 

ZURÜCK

 

Nach oben